Die Erwerbungen des Kunstgewerbemuseums auf der Zweiten Deutschen Architektur- und Kunsthandwerkausstellung in München
Die meisten Erwerbungen, die unter der Generaldirektion von Adolf Feulner (1938–1945) in die Sammlung des Kunstgewerbemuseums gelangten, waren Erzeugnisse vergangener Epochen. Bei Mobiliar und Keramik wurden beispielsweise bevorzugt Werke aus dem 18. Jahrhundert angekauft. Eine Ausnahme bildet eine Gruppe von Zugängen im Rechnungsjahr 1938 (April 1938–März 1939). Die Erwerbungsunterlagen im Archiv des MAKK, eine zentrale Quelle für die Provenienzforschung zu den Beständen, vermerken für eine größere Zahl von Neuzugängen die summarische Beschreibung „Modernes Porzellan – Kunstgewerbe aus der Münchener Ausstellung 1939“. Um welche 27 Objekte, die hier mit den Zugangsnummern 1938.0089 bis 1938.0115 erfasst wurden, es sich im Einzelnen handelt, ließ sich anhand der erst nach 1945 angefertigten Zugangslisten und der Inventarbücher des Museums jedoch nicht ermitteln. Die Recherchen wurden daher ausgeweitet und führten in das Haus der Kunst in München.
Das Haus der Deutschen Kunst entstand als frühes Prestigeprojekt der Nationalsozialisten. Adolf Hitler hatte 1933 persönlich den Grundstein gelegt, im Juli 1937 wurde das Ausstellungsgebäude des Architekten Paul Ludwig Troost an der Prinzregentenstraße mit der ersten „Großen Deutschen Kunstausstellung“ und einem Festakt eingeweiht. Am Tag darauf eröffnete im Galeriegebäude die Propagandaausstellung „Entartete Kunst“ als schmähende Gegenüberstellung zur nationalsozialistischen Kunstauffassung. Neben den folgenden, jährlich stattfindenden Ausstellungen bildender Kunst, die als Verkaufsschauen konzipiert waren und große Besuchermassen anzogen, fanden seit 1938 auch Präsentationen mit Architektur und kunstgewerblichen Objekten statt. Hier stellten Künstler*innen, Werkstätten, Manufakturen und Gewerbeschulen ihre Erzeugnisse aus und boten sie zum Kauf an.
Im Archiv des Hauses der Kunst haben sich zu den Kaufgeschäften verschiedene Unterlagen erhalten. Die Recherchen in diesen Quellenbeständen erbrachten gänzlich neue und umfängliche Hinweise auf die Erwerbungen des Kunstgewerbemuseums. So vermerkt das Debitorenbuch aus dem Jahr 1939 für den 22. März Ankäufe im Wert von 2.631,82 Reichsmark durch das Kölner Museum (Haus der Kunst, Historisches Archiv, HdDK 24). Neben diesem Nachweis für die Herkunft der Erwerbungen ließ sich zudem eine Auflistung der Ankäufe aus der „Zweiten Deutschen Architektur- und Kunsthandwerksausstellung“ für den Zeitraum 25. Februar bis 9. April 1939 auffinden (ebendort, HdDK 39). Die Liste umfasst auch eine Zusammenstellung derjenigen Objekte, die Adolf Feulner am 21. März 1939 persönlich für das Kunstgewerbemuseum ankaufte.
Weitere Kölner Quellen konnten diese Informationen bestätigen. Die in München festgehaltene Kaufsumme entspricht exakt der Angabe auf einer der Kölner Erwerbungslisten, die sich im Museumsarchiv erhalten hat. Zudem geht aus der innerstädtischen Korrespondenz zwischen Feulner und dem Kulturamt hervor, dass er im März 1939 eine Dienstreise nach München unternommen hatte, um auf der Ausstellung im Haus der Kunst Objekte für das Kunstgewerbemuseum auszuwählen, die ihm vorbildlich erschienen (HAStK, Acc. 1746, A 49).
Besonders ergiebig war der Münchener Quellenfund in Hinblick auf die Art der angekauften Werke: Die Auflistung enthält neben einer Bezeichnung der Objekte auch die Namen der ausführenden Künstler*innen sowie Verweise auf Einträge im Ausstellungskatalog. Demnach kaufte Feulner unter anderem Keramikarbeiten von Hans Eska, Wim Mühendyck und Uhlemeyer & Hobein, eine Elfenbeindose von Albin Schreiber, eine Spitzenarbeit vom Heinrich Franke, Glaskunst aus den staatlichen Fachschulen in Zwiesel und Steinschönau (Kamenický Šenov) und von Ilse Scharge-Nebel sowie Silberobjekte von Elisabeth Wiens, Georg Czauderna und Karl Weishaupt.
Leider blieb die Suche nach diesen Objekten innerhalb der Bestände des MAKK trotz der detaillierten Angaben bisher erfolglos. Die Ankäufe auf der „Zweiten Deutschen Architektur- und Kunsthandwerksausstellung“ im Haus der Deutschen Kunst in München waren nie in die Inventarbücher des Museums eingetragen worden. Ihre Ankunft in Köln bestätigen jedoch Presseberichte, nach denen diese Neuwerbungen in der sogenannten Kriegsausstellung im Kunstgewerbemuseum gezeigt wurden. Kurz vor Kriegsbeginn waren im Spätsommer 1939 zunächst die wertvollen Sammlungsbestände ausgelagert und das Museum geschlossen worden. Im Dezember des Jahres eröffnete es dann erneut einige Räume im Untergeschoss. Dort wurde eine Auswahl von Objekten aus dem Kunstgewerbemuseum und aus dem Schnütgen-Museum präsentiert, darunter auch neue Erwerbungen für die Sammlungen einschließlich der Ankäufe aus München. Danach verliert sich ihre Spur. Die Kriegsausstellung wurde im Frühjahr 1941 aufgrund der zunehmenden Gefahr von Luftangriffen geschlossen. Ob die dort gezeigten Kunstwerke aus der Stadt gebracht wurden oder wie andere Objekte im Keller des Museums gesichert, ließ sich bisher nicht ermitteln. Am 29. Juni 1943 wurde das Kunstgewerbemuseum durch Fliegerbomben schwer beschädigt.
Die modernen Kunstwerke gelangten jedenfalls nicht mit den ausgelagerten Objekten, die nach Kriegsende schrittweise zurückgeführt wurden, in das Kunstgewerbemuseum zurück. Ihre Erwähnung in den rekonstruierten Erwerbungslisten blieb der einzige Hinweis auf ihren Ankauf im März 1939 im Museum.
Dr. Iris Metje, Februar 2022