Möbel mit Geschichte(n)

Ausgewählt 3

23. Mai bis 31. August 2025

Als Objekte, die von und für Menschen gemacht werden, sind Möbel ein fester Bestandteil unseres alltäglichen Lebens. Es ist ihr Gebrauch und damit letztendlich ihr Bezug zum Menschen, der sie charakterisiert und ihre Gestaltung bestimmt. Bei genauer Betrachtung vermitteln uns Möbel daher nicht weniger Eindrücke vom Leben der Menschen als es beispielsweise Bilder könnten. Häufig werden sie sogar selbst zu Bildträgern, wie einige der Ausstellungsstücke anschaulich beweisen. Über die Verbreitung bestimmter Möbeltypen, Bildmotive oder Baumaterialien lassen sich zudem internationale Zusammenhänge rekonstruieren. Möbel zeugen daher als mobile Objekte auch von interkulturellem Austausch. Durch Handel, Verkauf oder die Adaption zeitgenössischer Moden werden darüber hinaus komplexe lokale und globale Verflechtungen sichtbar. Ein genauer Blick auf bewusste Stilzitate oder die Aneignung verschiedener Bildthemen eröffnet daher bis in die heutige Zeit faszinierende Möbelgeschichte(n). Vor diesem Hintergrund untersucht die Ausstellung „Möbel mit Geschichte(n)“ in sieben Themenräumen, was uns die Objekte über ihre Gestalt und Form über Mensch und Leben in ihrer jeweiligen Zeit erzählen.

Die Ausstellung findet im Rahmen der „Ausgewählt“-Reihe statt, die Objekte der derzeit geschlossenen Historischen Sammlung des MAKK zugänglich macht. 

Truhe mit reichen Intarsien auf vier Löwenfüßen.
Truhe mit grotesken Intarsien, Toskana, 2. Viertel 16. Jh., Inv. Nr. A660 (Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_c009419)

Mobile Kunstwerke

Die Bezeichnung ‘Möbel’ leitet sich vom lateinischen Wort mobilis ab, was so viel wie ‘beweglich’ bedeutet. Als eines der wichtigsten und ältesten Möbel des vormodernen Haushaltes gilt die Truhe. Ihren vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten entsprechend variiert ihre Gestaltung, Form und Größe. Als kunstvolle Hochzeitstruhe, repräsentative Goldtruhe oder grotesk verzierte Prunktruhe veranschaulichen die Möbel im ersten Raum nicht zuletzt ihren Charakter als mobile Kunstwerke. 

Schreibkabinett mit Rankwerk und ornamentalen Bändern
Schreibkabinett mit Rankwerk und ornamentalen Bändern, Süddeutschland, letztes Viertel 16. Jh., Inv. Nr. A1097 (Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_c018286)

Raumwunder

Mit dem Aufschwung der Schriftkultur im Spätmittelalter entstanden vermehrt Möbeltypen, die als tragbare Schreibkästen oder zum Transport von Schriftdokumenten genutzt werden konnten. Wer im Besitz eines solchen Möbelstückes war, galt als gebildet und angesehen. Die Beliebtheit dieser Möbel trug zunehmend zu ihrer internationalen Verbreitung bei. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts gewann die Produktion von Schreibmöbeln insbesondere im süddeutschen Raum eine hohe Bedeutung. Als Adaptionen der ehemals funktionalen Schreibmöbel wurden dort sogenannte Kabinettschränke hergestellt, die als fester Bestandteil von fürstlichen Wunderkammern überwiegend Schaufunktionen erfüllten.

Kleiner Kabinettschrank mit bunten Holzeinlagen.
Kabinettschränkchen mit Architekturfassade und Marketerie, Süddeutschland, Augsburg (?), um 1570/1580, Inv. Nr. A00314 (Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_c006028)

Motiv und Vorbild

Viele Möbelstücke offenbaren ihre Geschichten erst bei genauerer Betrachtung. In diesem Raum soll der Blick für die kleinen Details geschärft und der Dialog zwischen Bildkunst und angewandter Kunst in den Fokus genommen werden. Motive, die sich auf Möbelstücken befinden, haben ihre Vorbilder zum Teil in der Druckgrafik oder sind inspiriert durch zeitgenössische Darstellungen in anderen Bildmedien. Die Objekte im dritten Raum erzählen von wechselseitigen Inspirationen, die über die Grenzen eines einzelnen Bildmediums hinausgehen. So findet sich in diesem Raum unter anderem die bildliche Thematik der Tugenden auf verschiedenen Objekten und in unterschiedlichen Darstellungstechniken wieder. 

  

Schrank
Evangelisten-Schrank, 2. Viertel 17. Jh., Köln, Inv. Nr. A222 (Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_c017628)

Lokal und global

Während das 17. Jahrhundert im Allgemeinen als ein Jahrhundert der Krisen und Kriege gilt, so zeigen sich lokal und global einige Unterschiede. Die Stadt Köln blieb im Dreißigjährigen Krieg ein Ort für Verhandlungen und zeichnete sich durch bürgerlichen Wohlstand aus. Ein Zeugnis hierfür stellen unter anderem die repräsentativ und hochwertig gestalteten Kölner Überbauschränke dar. Der Ausbau des weltweiten Handelsnetzes führte insbesondere zu einem globaleren Austausch von Rohstoffen, Wertgütern und prägt zugleich auch die Schattenseiten des Kolonialismus, wie Sklaverei, Unterdrückung und Ausbeutung. Sichtbar wird der globale Handel unter anderem auch in der Möbelproduktion, bei der für kostbare Stücke vermehrt auf außereuropäische Hölzer, wie Padouk oder Ebenholz, zurückgegriffen wurde.

Reisetoilette im Lackkästchen mit Watteauszenen
Reisetoilette im Lackkästchen mit Watteauszenen, um 1740, Spa (Belgien), Inv. Nr. B83 (Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln, Marion Mennicken, rba_d017784_09)

Lack und Lust

Lackarbeiten gelangten schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts beispielsweise aus Japan nach Europa. Eine stilistische Annäherung im europäischen Raum erfuhr die Lackkunst allerdings erst später. Mit dem 18. Jahrhundert erlebte sie eine Blütezeit. Die im fünften Raum gezeigten Objekte zeichnen sich durch verschiedene Techniken, Anpassungen und Materialimitationen aus. Zudem spiegeln sie typische zeitgenössische Bildthemen wider, wie die Vorliebe des Rokokos für Chinoiserien und galante Liebesszenen.

Tafelklavier
Tafelklavier mit Näh-, Mal- und Toilettennecessaire, Andreas Landschütz, Franz D. Detler, Wien, um 1820, Inv. Nr. A01458 (Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln, Marion Mennicken, rba_c000939)

Musik und Spiel

Zwei besondere Möbelformen, die im sechsten Raum präsentiert werden, zeugen davon, dass Möbel unter anderem für bestimmte gesellschaftliche Anlässe gefertigt wurden. Während der Spieltisch als anschauliches Beispiel für die Spielleidenschaft des 18. Jahrhunderts gilt, ist das sogenannte Nähklavier vom Beginn des 19. Jahrhunderts ein Sinnbild der biedermeierlichen Häuslichkeit. Beide Objekte vermitteln zudem durch ihre spezifische Gestaltung und ihre Funktion Einblicke in das jeweilige zeitgenössische Frauenbild.  

Auf weißem Grund werden typische Motive von Fornasetti gezeigt wie Musikinstrumente, Trompe-l'œil Architektur, Sonnen, Römische Münzens, Figuren aus der Commedia dell'Arte,wie der Harlekin auf der offenen Innenseite.
Sekretärschrank „Trumeau Panoplie" (Trumò Panoplie), Piero Fornasetti, 1951/1955, Mailand, Inv. Nr. MAKK 2019/0040 (Foto: © DetlefSchumacher.com)

Zurück in die Zukunft

Die Ausstellung findet ihren Abschluss mit einem Rückblick auf historische Vorbilder und deren kreative Neuinterpretationen. In der Reflexion des Rundgangs zeigt sich, wie vergangene Epochen als Inspirationsquelle dienen und immer wieder neu gedacht, adaptiert und in neue Gestaltungsformen übersetzt werden. Der Sekretärschrank „Panoplie“ verweist nicht nur durch die motivische Gestaltung auf vergangene Stile, sondern auch durch den Möbeltypus des Trumò (abgeleitet von frz. Trumeau), der seit dem 18. Jahrhundert eine für Italien belegte Möbelform darstellt. Das auffällige Möbel ist zudem eine Neuerwerbung des MAKK aus dem Jahr 2019 und wird in der Ausstellung zum ersten Mal öffentlich präsentiert. 

Tischklavier mit aufgeklapptem Deckel. Innen sind Nähutensilien und ein Spiegel sichtbar.
Tafelklavier mit Näh- Mal- und Toilettennecessaire, Andreas Landschütz, Franz D. Detler, Wien, um 1820, Inv. Nr.: A1458 (Foto: © Historisches Archiv der Stadt Köln mit Rheinischem Bildarchiv, M. Mennicken, rba_c000939)