Von Angesicht zu Angesicht

Goldener Ring mit einem eingefassten Kopf.
Elisabeth Treskow, Fingerring, Köln, 1954, © Nachlass Elisabeth Treskow (Foto: © MAKK, Martin Klimas)

Da das Tragen und Verschenken von Schmuck eine ausgesprochen persönliche Angelegenheit war und ist, verwundert es nicht, dass in der Schmuckkunst dem Bildnis des Menschen eine besondere Rolle zukommt.

Bereits in der griechischen und römischen Antike wurden Siegelringe mit Bildnissen verziert. Üblich waren Ringköpfe mit Gemmen, die Porträts von Gottheiten und Herrschenden zeigten. Insbesondere das römische Kaiserhaus nutzte die Porträtgemme zur Propaganda und zur reichsweiten Verbreitung des jeweils aktuellen Kaiserporträts und der Bildnisse der Kaiserfamilie.

Eine neue Aufmerksamkeit erhielt das Porträt durch den Humanismus, der den Menschen in den Mittelpunkt der kosmologisch- göttlichen Weltordnung stellte. Ausgehend von Italien feierte die Darstellung des Menschen in der Renaissance und im Manierismus einen Höhepunkt. In der Schmuckkunst der zweiten Hälfte des 16. und des 17. Jahrhunderts bildete das Porträt ein zentrales Thema. Im Vordergrund standen die selbstbewusste Zurschaustellung der eigenen Persönlichkeit, Macht, Eitelkeit und Ideale. Neben Personen aus der antiken Mythologie und Geschichte dominierten Porträts von Herrschenden und Bildnisse zeitgenössischer und antik-historischer Persönlichkeiten auf Hutagraffen oder Anhängern. Beliebt waren zudem kostbare Porträtminiaturen, die im 16. Jahrhundert von den regierenden Häusern als Mittel zur Brautwerbung eingesetzt wurden. Später wurden die auf Elfenbein, Porzellan oder Email gemalten Miniaturporträts an verdienstvolle und loyale Angestellte oder als Erinnerungs- und Liebesschmuck verschenkt. Die gemalten Porträtminiaturen wurden im 19. Jahrhundert durch die Fotografie abgelöst.

Im späten 18. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen Porträtkameen in Mode, was zu einer Renaissance der antiken Steinschneidekunst und deren Motivik führte. Das Interesse an vergangenen Stilepochen im 19. Jahrhundert führte zur verstärkten Aufnahme von historisierenden Porträts vor allem nach dem Vorbild des Mittelalters und der Renaissance. Seit Ende des 19. Jahrhunderts spielen Porträts in der Schmuckkunst nur noch eine untergeordnete Rolle und dokumentieren zunehmend die individuellen Konzepte und Stilprägungen der ausführenden Schmuckkünstler* innen.