Fundstücke
Die Wiederverwendung von Materialien ist heute eng mit dem Begriff „Nachhaltigkeit“ verknüpft. Werden Alltagsgegenstände oder ihre Fragmente aus ihrer ursprünglichen Funktion gelöst und in einen neuen Sinnzusammenhang gebracht, sprechen wir heute von ‚Upcycling‘.
Anfang des 20. Jahrhunderts, im Umkreis des Dadaismus und Surrealismus, war die Erhebung von zweckentfremdeten Materialien zu Kunst in Form eines objet trouvé ein radikal neues Gestaltungsprinzip. Marcel Duchamp (1887–1968) setzte dieses beispielsweise in seinen berühmten Ready-mades um. Auch im Schmuck wurde mit der Integration bzw. Verarbeitung von Fundstücken experimentiert.
Die Gründe hierfür sind allerdings so vielfältig wie die Ergebnisse. Ließ in Krisenzeiten ein Mangel an Edelmetallen den Goldschmied*innen keine andere Wahl als mit Ersatzmaterialien zu arbeiten, war die Verwendung von schmuckfremden Materialien ohne intrinsischen Wert in den 1960er Jahren als sozialpolitischer Protest zu verstehen. Erreicht werden sollte eine Abkehr von Schmuck als Ausdruck von Status, geschlechtsspezifischen Stereotypen und Ausbeutung. Aber auch formalästhetische Qualitäten von gefundenen Objekten oder spezifische Materialeigenschaften inspirierten häufig zu einem kreativen Umgang. Nicht selten waren es auch der Erinnerungswert oder eine immanente Symbolik, die zur Verarbeitung anregten. Hinzu kommen in neuester Zeit vermehrt ökologische und gesellschaftskritische Aspekte.
So unterschiedlich die Entstehungsgeschichten der hier gezeigten Schmuckobjekte auch sein mögen, allen gemeinsam ist ihre vielschichtige und tiefsinnige Aussagekraft