Die Generation, die von etwa 1895 an alle unrecht gewordnen Ausdrucksformen der vergangenen Epochen zugunsten einer Erneuerung der gesamten Lebensgestaltung durch die Kunst zu überwinden suchte, bot in den europäischen Ländern kein einheitliches Bild.
Der „Art Nouveau" - genannt nach dem 1895 eröffneten Salon des Kunsthändlers S. Bing in Paris - bildete die französische Variante des Jugendstils. Vorläuferbewegungen, wie etwa die von William Morris inspirierte Reform des Kunsthandwerks, ebenso wie das neue Naturverständnis des Japonismus und Symbolismus waren von großem Einfluss.
Die Vorbildhaftigkeit vegetabiler Formen und Strukturen mit ihrer künstlerischen und symbolischen Ausdruckskraft gewann dominierende Bedeutung bei aller schöpferischen Gestaltungsarbeit. Insbesondere die von Emile Gallé begründete „Ecole de Nancy" vertrat diese „florale" Richtung des Jugendstils.
Auf Initiative des Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein wurde in Darmstadt mit einem städtebaulichen Projekt die damals angestrebte Erneuerung der Lebensgestaltung durch Kunst und Natur auf der Mathildenhöhe erprobt.
Zur Begrüßung dieser Künstlerkolonie waren 1899 u.a. Hans Christiansen, der zur tragenden Persönlichkeit der Gruppe wurde, ferner Peter Behrens, der zuvor in München mit Richard Riemerschmid und Bruno Paul die „Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk" ins Leben gerufen hatte, sowie Josef Maria Olbrich, der in Wien das bekannte Sezessionsgebäude errichtet hatte, nach Darmstadt berufen worden.
Die Künstler leisteten mit der Erbauung und Einrichtung beispielhafter Wohnhäuser wichtige Beiträge zu jener Ästhetisierung des Alltagslebens, die 1901 in der Ausstellung „Ein Dokument Deutscher Kunst" öffentlich diskutiert wurden.
„Solange nicht unsere Städte, unsere Häuser, unsere Räume ... in schlichter, einfacher und schöner Art den Geist unserer eigenen Zeit zu versinnbildlichen sind wir unendlich weit gegen unsere Vorfahren zurück... „ schrieb Joseph Hoffmann 1905 im Arbeitsprogramm der „Wiener Werkstätte", die er zwei Jahre zuvor zusammen mit Koloman Moser gegründet hatte. Hier sollte unter Voranstellung der Gebrauchstüchtigkeit der gediegener Verarbeitung bester Werkstoffe in engster Zusammenarbeit zwischen Entwerfern und Handwerkern gutes und materialgerechtes Hausgerät geschaffen werden.
So wurde schon früh in Wien eine funktionale Schlichtheit der Formgebung kreiert und vorweggenommen, die später durch den Werkbund und das Bauhaus in Weimar und Dessau erst internationale Breitenwirkung gewann.